Was wir von Pilzen über Hundetraining lernen können
Es ist Herbst – Pilzzeit! Und ich kann heute nicht anders, als eine Parallele zum Hundetraining zu ziehen.
Denn Pilze machen das schon ziemlich schlau mit diesem Leben und der Weiterentwicklung.
Wie Pilze funktionieren
Lass mich dir kurz und laienhaft erklären, was Pilze eigentlich können. Denn genau daraus können wir fürs Hundetraining etwas lernen.
Wenn wir durch den Wald streifen, springen uns an manchen Stellen die bunten Fruchtkörper nur so ins Auge. Aber: Das, was wir sehen, ist gar nicht der eigentliche Pilz. Der lebt unsichtbar unter der Erde als Myzel – ein feines, riesiges Netzwerk, das für die Versorgung und Stabilität sorgt.
Das Myzel braucht die Fruchtkörper (die Pilze, die wir sehen) nicht für sein kurzfristiges Überleben. Es ist im Boden. Es hat dort seine Nährstoffe. Es kommuniziert mit seiner Umwelt. Es lebt dort wunderbar.
Einen Fruchtkörper wachsen zu lassen, kostet den Pilz viele Nährstoffe. Es ist ganz schön aufwändig, diese Energie für das Wachstum einer Frucht zu beschaffen, die im Hier und Jetzt gar keinen direkten Vorteil bringt.
Warum also gibt es die oberirdischen Pilze?
Für die Zukunft des Myzels. Die oberirdischen Pilze enthalten die Sporen, die Samen der Zukunft. Sie verbreiten das Myzel an andere Orte, weiten so den Lebensraum des Myzels auf neue Standorte aus.
Das Myzel ist für das Hier und Jetzt. Es hält das System am Laufen. Es braucht kurzfristig keine Fruchtkörper. Es kommt klar, da wo es ist und wie es ist.
Damit es langfristig noch bessere Überlebenschancen hat und immer mehr Orte erreichen kann, dafür sind die oberirdischen Pilze da. Sie sind quasi eine Investition in die Zukunft des gesamten Organismus. Sie sind die Weiterentwicklung.
Und genau hier können wir eine spannende Parallele zum Hundetraining ziehen.
Einer der größten Denkfehler im Hundetraining
Der Pilz macht uns vor, wie stabile langfristige Entwicklung mit gleichzeitigem gutem aktuellem Leben zusammengeht. In klassischen Hundetrainingsansätzen versuchen viele Menschen das Gegenteil.
Wenn Menschen ein Problem mit ihrem Hund haben, dann suchen sie nach der Lösung, die schnell funktioniert. Am besten sofort. „Wie gewöhne ich meinem Hund ab …“ ist eine der häufigsten Formulierungen in Bezug auf Hunde in den Suchmaschinen.
Die Methoden, die schnelle Erfolge und „einfache“ Ergebnisse versprechen, sind besonders interessant.
Doch alle diese schnellen Methoden …
- Hund zieht an der Leine? → An der Leine rucken
- Hund bellt? → „nur“ mit Wasser bespritzen
- Hund macht egal was, das dir nicht gefällt? → Dem musst du mal ordentlich sagen, wer der Boss ist
… haben eins gemein: Sie haben im besten Fall kurzfristig Erfolg.
- Der Hund zieht kurzfristig nicht mehr an der Leine.
- Er traut sich kurzfristig nicht mehr zu bellen, weil ihn das Wasserspritzen so beeindruckt hat.
- Er lässt erstmal sein, weswegen er ständig angeschnauzt wird.
… aber sie haben 2 fette Probleme:
1) Keine langfristige Entwicklung
- Sie bringen dem Hund keine Fähigkeiten bei, damit er weiß, wie er sich „richtig“ verhalten kann.
- Sie unterdrücken das unerwünschte Verhalten kurzfristig. Solange, bis die Emotion oder das Bedürfnis des Hundes stärker ist als die Angst vor Strafe. Das Problem kommt zwangsläufig wieder, weil der Hund nie gelernt hat, was er statt des unerwünschten Verhaltens tun soll.
- Beim nächsten Mal muss ich intensiver rucken, schimpfen, körperlich werden … damit ich stärker bin als das Bedürfnis oder Problem des Hundes.
2) Sie machen das Hier und Jetzt unangenehmer und weniger schön für Mensch und Hund.
Niemand hat ernsthaft Lust, seinen Hund dauerhaft anzuschnauzen oder sich sonst wie zu verhalten, damit der Hund mehr Angst vor einem selbst oder dem hat, was man tut. Wir wollen doch eigentlich alle eine gute Zeit zusammen mit unseren Hunden, oder?
Das ist das exakte Gegenteil von dem, was die Pilze machen.
Es geht auch anders
Die gute Nachricht: Das geht. Wir können gleichzeitig Freude mit unseren Hunden haben, ihnen faire Grenzen aufzeigen und ihnen langfristig die Fähigkeiten beibringen, damit sie eigenständig das Verhalten zeigen können, das wir uns von ihnen wünschen.
Wir brauchen dafür nur diese gedankliche Trennung zwischen:
1) Was können wir tun, damit das HEUTE für uns leichter wird?
Wie können wir unseren Alltag leichter machen, die Problemsituationen leichter, und zwar mit den aktuellen Fähigkeiten, die mein Hund und ich zusammen haben?
Alle Antworten, die unter diese Fragestellung laufen, fasse ich unter dem Begriff Management-Maßnahmen zusammen.
In unserem Pilzvergleich sind das also alle Möglichkeiten, die wir haben, dem Myzel zu helfen und etwas Gutes zu tun, damit das aktuelle Leben leichter wird.
2) Wie bauen wir die Fähigkeiten auf, die wir brauchen, um die aktuell schwierigen Momente in Zukunft ganz einfach hinzukriegen?
Das ist das Training. Unter diesem Begriff fasse ich alle Maßnahmen zusammen, die langfristig angelegt sind und dem Hund (und seinem Menschen) helfen, schrittweise Neues zu lernen. Training ist auf die Zukunft ausgelegt. Im Vergleich zu unseren Pilzen ist Training der sichtbare Teil – der ausgebildete Fruchtkörper.
Management ist das Myzel – unser Netz für den Moment
Stell dir Hundebegegnungen vor. Dein Hund sieht den anderen Hund, spannt sich an, vielleicht knurrt oder bellt er sogar. Die Situation übersteigt die aktuellen Fähigkeiten deines Hundes, damit gelassen und souverän umzugehen.
Was machst du?
Du nutzt dein Management – so wie das Myzel den Pilz trägt:
- Du lenkst deinen Hund ab.
- Du gehst einen großen Bogen.
- Du drehst um.
- Du setzt ein Signal, das euch gut durch die Situation bringt.
- Du tust einfach alles, was dir einfällt, damit die Situation heute und jetzt für euch leichter wird.
Management ist ein ganzes Netz an Möglichkeiten, das dich und deinen Hund im Jetzt auffängt. Es sorgt dafür, dass ihr durch den Moment kommt, ohne dass die Situation eskaliert.
Training sind die Fruchtkörper – Wachstum für die Zukunft
Doch Pilze bleiben nicht beim Myzel. Sie bilden Fruchtkörper aus, um ihre Sporen zu verbreiten und ihren Lebensraum zu erweitern.
Und genauso ist es im Hundetraining:
- Mit Training erweitern wir unsere Fähigkeiten.
- Der Hund lernt, gelassen mit Begegnungen umzugehen.
- Wir selbst werden sicherer, klarer und brauchen weniger „Notlösungen“.
Du nutzt dafür gezielte Begegnungen, in denen dein Hund noch die nötigen Fähigkeiten hat, und bringst ihm bei, selbstsicherer zu werden, Hilfe bei dir zu suchen und mit dir gemeinsam die Herausforderung zu meistern. Dafür nutzt du nur die Begegnungen, die sich eignen und weder deinen Hund noch dich überfordern. So wie der Pilz für die Ausbildung seines Fruchtkörpers den Zeitpunkt im Jahr wählt (meistens Herbst), der für das Wachstum am optimalsten ist.
Es ist langfristig angelegt. Nicht auf schnelle Erfolge. Aber für nachhaltige Lernerfolge und echtes persönliches Wachstum für Hund und Mensch.
Training ist also das, was aus dem Myzel herauswächst und die Zukunft sichert. Ohne Management gäbe es keine Basis fürs Training. Aber ohne Training bleibt alles, wie es ist – wir kommen nicht wirklich voran.
Warum wir beides brauchen
- Management schützt den Alltag im Jetzt.
- Training verändert den Alltag in der Zukunft.
Nur im Zusammenspiel entsteht Entwicklung.
So wie Pilze ohne Fruchtkörper nicht wachsen und sich verbreiten könnten, bleibt auch unser Alltag mit Hund begrenzt, wenn wir nur auf Management setzen.
Deshalb: Nutze dein Myzel – dein Netz an Managementmaßnahmen – um sicher durch die Hundebegegnungen zu kommen.
Und bau dir deine „Fruchtkörper“ – durch gezieltes Training, das dich langfristig entlastet und deinem Hund neue Fähigkeiten gibt.
Am Ende zeigt uns der Pilz also ganz einfach:
- Sei vorbereitet für jetzt.
- Arbeite für morgen.
- Und freu dich über jedes kleine Stück Wachstum, das aus deinem Training hervorsprießt.
Deine nächsten Schritte
Du musst nicht selbst herausfinden, welche Management-Maßnahmen und Trainingsschritte für dich und deinen Hund passen. Dafür gibt’s ja mich.
Ich begleite dich dabei – so, wie es für dich am besten passt:
im Einzeltraining
mit meinen Büchern
oder in meinen Onlinekursen
Such dir einfach das Format aus, das zu dir passt – und wir gehen den nächsten Schritt gemeinsam.
Über mich
Ich bin Sarah Both, Hundetrainerin, Autorin und Gründerin von Bothshunde.
Mein Ziel: dir und deinem Hund einen entspannten Alltag zu ermöglichen – mit Herz, Verstand und einem Training, das langfristig wirkt und gleichzeitig Freude macht. [meh]