Als digitaler Nomade (also Jemand, der „reisend“ lebt und digitale Verbindungen braucht, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten), arbeite ich zu einem großen Teil online.
Ich berate meine Kunden in Einzelcoachings online, erstelle Onlinekurse, schreibe Blogartikel und Bücher, Newsletter. Ich liebe meinen Job genau so. Technik ermöglicht mir das Leben, was ich mit Alma führen darf. Digitale Tools machen meinen Job leichter, ich nutze sie ständig mit großer Freude.
Und trotzdem – oder vielleicht genau deswegen – hatte ich irgendwann das Gefühl: Es reicht.
In diesem Artikel erzähle ich dir, wie sich mein Alltag komplett verändert hat. Nicht durch ein neues Tool, nicht durch noch einen schlauen Tipp – sondern durch ein Gefühl, ein YouTube-Video und ein radikales Umdenken.
Was dabei rausgekommen ist? Weniger Apps, mehr Klarheit. Das gute Gefühl von „Ich bin wieder da.“. Und die Erkenntnis: Digitaler Minimalismus als Onlineunternehmer – JA! Und wie das geht.
Zwei Herzen in meiner Brust.
Ich bin ich ein Nerd. Ich kann mich in Technik verlieren. Ich liebe es neue Technik – Software und Hardware – auszuprobieren. Beste Voraussetzungen in meinem Job. Newsletter Tools, Website „bauen“, Buchhaltung automatisieren – you name it. Ich kann mich schnell reindenken, liebe es neues zu entdecken, immer wieder zu optimieren, mir macht das alles Spaß.
Gleichzeitig bin ich – genau wie Alma – lieber in der Natur, als in der Stadt. Lieber allein (oder mit wenigen Lieblingsmenschen), als in einer großen Gruppe.
Wäre meine Arbeit nicht – ich könnte komplett offline leben. Ohne Smartphone, ohne Internet. Gib mir irgendwo im Wald einen Selbstversorgerhof mit ein paar Tieren, der Möglichkeit Gemüse und Obst selbst anzubauen. Die nächsten Nachbarn ein paar Kilometer entfernt. Ich wäre happy.
Wenn das Gleichgewicht nicht stimmt.
Der Spagat zwischen beiden Leidenschaften, ist mir in der letzten Zeit nicht gut gelungen. Ich lebe aktuell mit Alma an einem wunderschönen Ort im Norden Dänemarks. Die Natur und Landschaft erden mich. Alles ist weit. Meistens sind kaum Menschen hier. Ich atme auf.
Oder doch nicht. Denn ich schaffe es nicht abzuschalten. Die letzten Monate waren ein starker Kontrast zwischen; Du hast hier das Traum-Insta-Leben und dem Gefühl von: So, will ich das nicht mehr.
Ständig habe ich das Handy in der Hand. Ständig läuft mein Kopf auf Hochtouren. Noch schnell diese eine Idee festhalten. Noch schnell die Kundenfrage auf WhatsApp beantworten. Nur noch kurz (es geht ja so wunderbar immer und überall) forschen, ob es zu meinem Problem eine leichtere Lösungsmöglichkeit gibt.
Die Nutzung von Technik tut mir (in der Masse) nicht gut. Je mehr ich digitale Zeit verbringe, desto mehr zieht sie mich in ihren Strudel. Desto mehr Zeit versinkt im Netz. Die Nutzung von Technik verstärkt all meine Stärken so sehr, dass sie mir nicht mehr guttun. Tatsächlich frage ich mich in solchen Zeiten öfter, ob ich vielleicht ADHS habe. Aber eben auch nur dann.
Ich sammle Wissen und Lösungen, bin ständig dabei neue Ideen zu entwickeln. Aber ich schaffe es nicht, diese Umzusetzen. Dabei brauche ich genau das, um mich erfüllt zu fühlen. Mir reicht das bloße sammeln von Ideen und Möglichkeiten nicht.
Die letzten Monate fühle ich mich wie in Treibsand.
Meine Motivation? Zeitweise bei null. Zeitweise unter Gefrierpunkt. Etwas anfangen fühlt sich so zäh an. Hab ich doch von Anfang an das Gefühl, dass es doch wieder nur bei „Gute Idee. Umsetzung? Fehlanzeige.“ bleibt.
Null Motivation und gleichzeitig dieser innere Antreiber „ich muss noch“ – Unzufriedenheit und innerer Unruhe sind vorprogrammiert. Gibt es eine Deadline oder wartet jemand auf meine Antwort – kein Problem, das ist ruckzuck erledigt. Aber meine eigenen Projekte dauern einfach eeewig.
Die Lösung aus diesem Muster rauszukommen, suche ich in noch mehr Optimierung, noch mehr Tools. Und rate mal, das hat nicht funktioniert.
Ich hab den Weg in einer ganz anderen Form für mich gefunden ! Und davon erzähle ich dir jetzt.
Ein Gefühl und ein YouTube-Video ändern mein Leben (wirklich)
Erste Versuche, was zu ändern – „besser wird’s halt nicht“
Ich habe echt einiges ausprobiert. Immer mal wieder. Immer in der Hoffnung, diesmal bleibt was hängen.
- Eine App („ScreenZen“) installiert, die den Zugriff auf von mir bestimmte Apps auf bestimmte Tageszeiten, Wochentage oder maximale Nutzungsgrenzen beschränkt. Das hat etwas geholfen. Meine Bildschirmzeit war weniger. Mein Kopf aber nicht ruhiger.
Allein schon die Möglichkeit, „mal kurz“ ins Handy zu schauen, reichte. Und zack: raus aus dem Moment, rein ins Digitale. Die Gedanken nicht mehr bei der atmen beraubenden Aussicht auf das tobende Meer und die riesigen Dünen oder bei meiner zauberhaften Punktemaus. Nein. Ich Depp lief am Strand lang und dachte über den nächsten Blogartikel oder die Frage eines Kunden nach
- Ich hab auch Techniken/Tools wie Pomodoro ausprobiert – zum Fokussieren. Das war sehr hilfreich, weil ich dann angefangen habe und mehr Dinge umgesetzt habe als vorher. Das hat zumindest das „Ich vertrödele Zeit und suche nach Möglichkeiten, die nicht funktionieren“ verändert.
- Routinen wie klare Wochenziele und am Ende eingeplante Reflexionszeit waren auch hilfreich. Außerdem habe ich alles aufgeschrieben, was ich täglich bearbeitet habe. Man vergisst diese tausend Kleinigkeiten schnell und hat dann das Gefühl nichts geschafft zu haben. Das hat mir gezeigt. Ich schaffe ganz schön viel. Das hat was verändert. Es zwingt mich zur Reflexion. Ich entdecke Muster. Ich komme schneller dahinter, was für mich funktioniert – und was nicht.
Fazit zu dem Zeitpunkt?
Ich war produktiver. Deutlich sogar. Es hat sich gut angefühlt, wieder etwas mehr in den Flow zu kommen. Das war gut für meinen Job. Ich konnte wieder mehr erledigen, statt tausend Sachen angefangen liegen zu haben.
Aber ehrlich? Ich fühlte mich trotzdem nicht wesentlich besser.
Ich hatte trotzdem ständig das Telefon in der Hand und sah diese ganzen potentiellen Ablenkungen – auch wenn ich selbst eine Schranke vor deren Nutzung gestellt hatte.
Mein Gehirn stand quasi vor dem blinkenden und singenden Freizeitpark und musste draußen bleiben. Ok – es ist nicht ständig Achterbahn gefahren. ABER es hat bei jedem aufs Handy schauen, die Möglichkeiten gesehen. Es brauchte also jedes Mal eine bewusste Abwendung davon, weil die Ablenkungen ganz automatisch im Blickfeld waren.
Ja, das nagende Dauergefühl, „du solltest eigentlich mehr schaffen“, war leiser. Aber wirklich präsent? Wirklich entspannt? War ich nicht.
Ein YouTube-Video. Und plötzlich klickt es.
Ich war an einem Punkt, wo ich schon gar nicht mehr nach Lösungen gesucht habe. Dieses ständige Ausprobieren und neue Ideen zu suchen hatte mich so viel Zeit gekostet, das ich dachte: Ok, du brauchst einfach nur mehr Disziplin.
Und dann taucht da dieses eine Video auf meiner YouTube Startseite auf.
Ein Musiker, der ein Selbstexperiment startet: Er verzichtet auf alle digitalen Einflüsse. Kein Spotify, kein YouTube, kein Social Media. Stattdessen: ein iPod.
Seine Frage: „Wie beeinflusst der Algorithmus meinen Musikgeschmack – und mein Leben?“
Schon recht schnell stellt er fest. Das macht so einen großen Unterschied in seiner Lebensqualität, dass er das Konzept: „Weniger online, mehr offline. Weniger Smart, mehr Dumb-Phone“ noch stärker in seinem Leben umsetzt. Er ist begeistert und bleibt dabei. Und das als Musiker und YouTuber. Was heißt: Wenn das für ihn funktioniert, geht das auch für mich.
Diese Videoserie löst ein eindeutiges Kribbeln in mir aus. Das Gefühl kenne ich von mir. Es ist immer da, wenn ich etwas finde, das genau richtig für mich ist und eine Veränderung anstoßen wird. Ich hatte das schon als ich Alma kennengelernt habe, bei meinen großen Business Entscheidungen und als ich mein Wohnmobil gefunden habe.
Das will ich auch. Jetzt. Nicht nächste Woche. Jetzt.
Und habe am selben Tag losgelegt.
Offline als Online-Unternehmer – Eigentlich ganz einfach.
Weniger Möglichkeiten, mehr Freiheit
Im Video hat er sein Smartphone zunächst wirklich „Dumm“ gemacht. Also nur Telefon, SMS und Navigation angelassen. Alles schwarz, weiß eingestellt. Und nur große Textfelder zur Auswahl der Funktion.
Das erschien mir für mich nicht praktikabel und auch für den YouTuber hatte sich am Ende herausgestellt, dass ein paar Dinge, heutzutage wirklich unnötig aufwändig werden, wenn man nicht über Apps geht.
Ich habe mich für einen Mittelweg entschieden.
Ziel war alle Apps loswerden, die mich ablenken können. Locker 90% aller Apps sind diesem Schritt zum Opfer gefallen.
Bleiben durften nur die, die wirklich notwendig sind und wo die Funktionen nicht sinnvoll am Laptop darstellbar sind.
Was noch auf meinem Handy ist:
- Google Maps (kein Ablenkungsfaktor, nutze ich nur wenn ich es brauche)
- Banking-Apps (kleiner Ablenkungsfaktor, aber notwendig für effizientes Arbeiten)
- Authenticator (2FA-Zeug halt)
- WhatsApp privat (bei mir ist das kein großer Ablenkungsfaktor, wenige Freunde und meine Familie)
- WhatsApp Business (Zur Betreuung meiner Einzelcoaching Kunden)
- Podcast & Hörbuch (Sind meine Entspannungsapps, höre ich gern beim Autofahren – keine Ablenkung, eher Wellness)
- Fotos
- Notizen (Um dann eben doch, die eine Idee kurz festzuhalten, wenn sie mir beim Spazieren kommt. Dann hab ich sie wieder aus dem Kopf.)
- Wetter (wichtig, damit ich Sturmtage vorher mitbekomme)
- Private Mails
- Krankenkasse / Gesundheitstracker
- SimKarten Managing Apps (Congstar, Lebara und co)
- ScreenZen (blockiert alle Arbeitsapps zu bestimmten Zeiten)
Und zeitweise bei Bedarf:
- Park-Apps
- Paketverfolgung
- Amazon
„ScreenZen“ – die App, die ich schon seit einiger Zeit als „Schranke“ nutze, ist immer noch da und achtet darauf, dass ich Arbeits-Apps nicht „aus einem Impuls heraus“ öffne, sondern mich bewusst dafür entscheiden muss. Geschlossen ist die Schranke immer nachts, an freien Tagen und auch zu Zeiten, wo ich konzentriert Zeit zum Arbeiten brauche.
Keine Freizeitparks mehr auf dem Handy. Keine Impulsklicks. Es gibt einfach auf meinem Handy nichts mehr, was mich sinnlos in seine Welt zieht. Kein Social Media, keine Videos, keine Spiele, nichts schreit „Sarah, guck mich an.“
Dem Freizeitpark, vor den ich vorher eine Schranke gestellt hatte (in Form der Zugriffsbegrenzungsapp „ScreenZen“) ist verschwunden. Er ist zu einem langweiligen Dorfplatz geworden, der nur dann spannend wird, wenn meine wichtigsten Menschen sich dort aufhalten und wir wertvolle Zeit miteinander verbringen können.
Und ich sag’s dir: Was für ein Game-Changer.
Hunde haben oft ein ähnliches Problem
Man sollte ja meinen, dass ich schon früher mal auf diese Idee gekommen wäre: Das Prinzip ist schließlich dasselbe, was ich meinen Kunden erkläre, wenn ihre Hunde Probleme haben Reize auszublenden und nicht gut entspannen können.
- Neue Routinen schaffen, um Entspannung zu fördern. Hilfe beim in die Ruhe hineinkommen bieten.
- „Schranken“ etablieren = Die Möglichkeit ausschalten auf jeden Reiz reagieren zu können
- Ruheorte schaffen, an denen die schwierigsten Reize nicht alle gemeinsam auf den Hund einprasseln und abgeschwächt oder nicht vorhanden sind, um das Abschalten leichter zu machen.
Für Hunde ist mir das glasklar und ich kenne sehr viele Wege das in verschiedenen Alltagssituationen für die unterschiedlichsten Teams und Bedürfnisse zu gestalten.
Aber für mich selbst das als ähnliches Problem zu erkennen und entsprechend umzusetzen. Das habe ich vor dem Video nicht geschafft.
Wenn Stress und Unruhe auch bei deinem Hund ein Thema ist: Hier findest du eine Übersicht meiner Hilfsmöglichkeiten dazu.
Wenn du unsicher bist, was am besten zu dir passt, beantworte ein paar Fragen in meinem Kursfinder und ich schlage dir passende (kostenlose und kostenpflichtige) Hilfsangebote vor.
Was sich wirklich verändert hat
- Ich bin klarer.
Wenn ich arbeite, arbeite ich. Wenn ich schreibe, schreibe ich. Wenn ich Spazieren gehe, gehe ich spazieren. Nicht mehr alles gleichzeitig. Ich kann wieder abschalten. Ich hab wieder echte Pausen. Nicht diese „Ich scroll mal kurz durch Insta“-Pausen, sondern die, in denen ich wirklich runterkomme.
Apropop Insta (Ich vermisse keine der Social MediaApps. Keine einzige. Alles beruflich wichtige erledige ich am Laptop im Browser.) - Ich schreibe wieder.Nicht nur in Mails oder WhatsApp-Nachrichten oder Checklisten. Sondern wirklich. Blogartikel. Analog. Mit der Hand. Und habe sogar einen Workflow gefunden diese handschriftlichen Sachen einfach umzuwandeln und am Computer dann den Feinschliff zu machen. Der Aufwand nur unwesentlich mehr. Schneller bin ich trotzdem, weil ich meine Gedanken auf Papier viel besser sortieren kann.Auch diesen Artikel schreibe ich gerade am vielleicht coolsten Arbeitsplatz der Welt, während ich darüber staune, dass Alma es jetzt wirklich geschafft hat an so einem Ort zu schlafen.
- Ich lese wieder Bücher. Ich merke, wie mein Gehirn zurückschaltet in Langsamkeit – und wie sehr es mir gefehlt hat. Neben Romanen lese ich auch gerade „Digitaler Minimalismus“ von Cal Newport. Es bestätigt einige meiner Erfahrungen und hat auch noch ein paar andere Tipps dabei. Vielleicht ist das ja auch was für dich?
- Ich bin mit Alma unterwegs – wirklich unterwegs. Nicht „unterwegs und online“, sondern präsent. Wir beide genießen das sehr. Ich nehme wieder mehr wahr: Die Geräusche draußen, die Gerüche im Wald, den Rhythmus unserer Schritte. Ich bin einfach da. Ihne technische Dauerstimulation. Wieder mehr in der „echten Welt“ fühle ich mich wieder lebendig.
Das Gleichgewicht zwischen meinen beiden Herzen stimmt wieder. Ich bin so viel offline, wie in den letzten Jahren nicht mehr. Bewusste Zeit, die ich nur für Technik Spielereien offenhalte, befriedigen mein „Technik Spielkind“ Bedürfnis. Und weil ich nicht ständig am „Technik-Tropf“ hänge, freue ich mich dann umso mehr daran.
Ich fühle mich freier und weniger eingeengt von Technik als vorher. Ich schaffe deutlich mehr und bin wesentlich entspannter. Das ist schon faszinierend, wenn auch nicht überraschend.
Mein Fazit:
Digitaler Minimalismus – ja, das funktioniert. Auch als Online-Unternehmer. Und vielleicht ist es dabei besonders wichtig.
Vielleicht möchtest du ja jetzt auch was bei dir ändern. Vielleicht stimmt bei dir auch alles schon genauso wie es ist.
Hier kommen die gesammelten Inputs, die für mich hilfreich waren:
- Buch: “Digitaler Minimalismus” von Cal Newport – deutsch | englisch
- Youtube Video