Gefühle im Hundetraining: Schlechte Ratschläge gibt’s überall…

„Du musst ruhig bleiben – sonst verunsicherst du deinen Hund.“

Solche Ratschläge höre ich immer wieder:

„Dein Hund darf nicht merken, wenn du nervös bist.“
„Zeig keine Angst – das macht ihn unsicher.“
„Freu dich nicht, wenn du nach Hause kommst – das bestärkt deinen Hund nur.“

Viele der Hundehalterinnen, die ich im Training begleite, tragen diese unsichtbaren Regeln mit sich herum. Man hört es immer wieder und doch scheint das für viele Leute wenig intuitiv zu sein und sich einfach falsch anzufühlen, wenn sie sich so verhalten.

Warum ich solche Tipps und Aussagen als Hundetrainerin nicht sinnvoll empfinde und was in der Praxis viel wichtiger und hilfreicher ist, darum geht’s in diesem Blogartikel.

Hunde spüren unsere Emotionen – noch bevor wir sie selbst wahrnehmen

Es gibt unzählige Situationen im Hundealltag, die Gefühle in uns auslösen, die wir nicht so gerne fühlen/ zugeben, oder von denen uns andere erzählen, wir dürften sie dem Hund nicht zeigen.

Ganz sicher kennst du solche Situationen auch.

  • „Der Nachbar beobachtet uns und mein Hund kann noch nicht perfekt an der Leine laufen, obwohl gefühlt alle anderen im Dorf das mühelos im Griff haben. Ich bin unsicher, ob unser Weg der richtige ist, oder ob ich doch einfach machen sollte, was die anderen alle sagen.“
  • „Mein Hund pöbelt andere an der Leine an und da kommt wieder dieser eine andere Hundehalter, der seinen einfach immer wieder zu uns rennen lässt, egal, wie oft ich ihn schon gebeten habe, das nicht zu tun. Ich bin wütend und habe schon Angst diese Strecke zu laufen, weil wir die Treffen könnten.“
  • „Wir trainieren seit Ewigkeiten an XY und heute war mal wieder ein Tag, an dem ich glaube, es hat alles einfach gar nichts gebracht. Ich bin total demotiviert und würde am liebsten alles hinschmeißen.“
  • „Ich bin tausend Prozent sicher, mein Hund weiß genau, was er tun sollte und er hat sich bewusst dagegen entschieden. Man bin ich sauer.“
  • „Wenn mein Hund mit einem anderen Menschen unterwegs ist, zeigt er all diesen Quatsch nicht, da geht es plötzlich. Ich bin einfach zu doof dazu.“

Das sind nur einige ganz typische Beispiele, wo solche Gedanken aufkommen können. Ich bin ganz sicher, dass jeder Hundehalter sich solche Fragen schon gestellt hat. Welche sind es bei dir?

Typische Fragen von Hundemenschen:
– „Ich bin überfordert mit meinem Hund – was tun?“
– „Ich werde wütend auf meinen Hund, wenn er nicht hört.“
– „Wie bleibe ich ruhig, wenn mein Hund bellt?“
– „Was tun, wenn der Rückruf nicht klappt?“
– „Ich schäme mich für meinen Hund – ist das normal?“

Dein Hund ist nicht das Problem – aber er bringt dich auf Themen, die du lösen darfst.

Und  dann kommen da diese: „Du musst stark sein und darfst deinen Hund deine Gefühle nicht spüren lassen“ Tipps dazu.

Was passiert dann?
Du versuchst, dein echten Gefühle vor deinem Hund zu verstecken – und kämpfst dabei nicht selten gegen dich selbst.

Und genau das ist das Problem.

Hunde sind emotionale Feinsensoren. Sie lesen uns in Nuancen, die wir selbst oft gar nicht bemerken.
Bevor du überhaupt bewusst merkst, dass dein Puls steigt, hat dein Hund das längst registriert.
Bevor dir auffällt, dass du angespannt bist, hat er schon auf deinen Muskeltonus, deine Mimik, deinen Geruch reagiert.
Bevor du bewusst benennen könntest, dass deine Stimmlage sich verändert hat, ist deinem Hund schon lange klar, das hier gerade etwas anders ist.

Wenn du dann versuchst, dich „neutral“ zu verhalten – in einer Situation, die dich in Wahrheit nervös, sauer oder überfordert macht – entsteht für deinen Hund ein Widerspruch:

Er nimmt etwas wahr. Aber du handelst anders.

Und das ist aus Hundesicht nicht etwa beruhigend – sondern verwirrend.
Denn wer unecht wirkt, wirkt nicht vertrauenswürdig.

Wie soll dein Hund Jemandem vertrauen für ihn Situationen einzuschätzen oder zu klären, wenn derjenige nicht einmal weiß, wie es ihm selbst geht?

Aus der Menschenwelt: Alle haben Angst – und keiner sagt’s laut – jeder ist allein.

Du bist auf einem Schiff. Es ist stürmisch, die Wellen schlagen hoch, das Boot schwankt.
Du siehst den Kapitän – blass, leicht zitternd, fahriger Blick. Und als du ihn ansprichst, sagt er:
Ach was, alles bestens. Keine Sorge, wir sind ganz ruhig unterwegs. Das ist alles wie geplant. Entspannen sie sich einfach.

Vertraust du ihm?

Oder lieber dem Kapitän, der dir ins Gesicht sagt:
„Ja, der Sturm ist heftig. Ich bin angespannt, aber ich bin da. Wir kennen solche Situationen. Wir behalten die Kontrolle, und wir kriegen das hin.“
Klar, ehrlich, bei sich – trotz Anspannung. Genau das schafft Vertrauen.

Und genau darum geht es auch im Alltag mit deinem Hund.

Um jemandem Vertrauen zu können, muss ich zunächst erstmal wissen, dass er das Problem erkannt hat. Oder? Und dann hat er bestenfalls schon einen Plan, wie damit umzugehen ist.

Klar, ehrlich, ein Team – auch wenn es schwierig wird

Übertragen wir das mal auf eine Hundebegegnung.

Euch kommt der Erzfeind entgegen, Hund und Herrchen sind zwar noch weit weg, aber dein Hund spannt sich schon an und auch du spürst schon einem Kloß im Hals.

 

Wenn dir Jemand sagt – „Achwas, geh einfach zackig vorbei, dann weiß dein Hund dass du „führst“ und sieht das du keine Angst hast.“ Wie sieht das dann in der Realität aus?
Du wickelst die Leine um die Hand, dein Körper ist angespannt, dir schlottern die Knie aber du versuchst es zu überspielen. Du gehst frontal auf die Bedrohung zu und dein Hund muss mit.
Aus Hundesicht: Du hast das Problem gar nicht richtig erkannt, Du bist super angespannt aber machst trotzdem einfach weiter. Du steuerst auf den Eisberg zu und versuchst nicht mal zu bremsen. Würdest du dir in der nächsten Begegnung mehr oder weniger vertrauen?

Wie wäre das wenn du Folgendes machst:
Du siehst den anderen Hund. Sagst du deinem Hund – laut oder in Gedanken – “Ok, da kommt wieder unsere Herausforderung. Also weißt du. Ich werde hier auch grade ziemlich nervös. Lass uns einfach mal umdrehen.”
Oder: “Du pass auf, ich weiß, dass ist schwierig für dich, du könntest folgendes machen (beliebige Management Maßnahme einsetzen – Bogen laufen, Spielzeug tragen, Keks vor der Nase haben, andere Übung ausführen….), damit es für dich und mich leichter wird.
Wir finden noch unseren Weg, wie wir das zukünftig gut hinkriegen.”

In diesen beiden Varianten muss sich am Verhalten deines Hundes und sogar an deinem noch gar nichts verändern.
Aber die Intention deiner Handlungen ist sofort verändert.

Von:Du bist das Problem, verhalte dich gefälligst ruhig, obwohl ich überhaupt nicht ruhig bin.
Zu: „Wir haben hier eine gemeinsame Herausforderung. Lass uns zusammen den besten Weg raus finden.

Und das macht am Ende den Unterschied, ob dein Hund dir langfristig lernen kann zu vertrauen, oder im Zweifel doch das eigene Urteil fällt und seine Konsequenzen daraus zieht.

Authentisch sein heißt auch unsere eigenen Triggerpunkte zu kennen

Viele Menschen haben gelernt, dass Emotionen „nicht hilfreich“ oder sogar „falsch“ sind.

Viele von uns sind aufgewachsen mit internen Mustern, einzelne Gefühle zu unterdrücken und schon gar nicht zu zeigen.

Viele Frauen zum Beispiel empfinden keine Wut, weil sie irgendwann gelernt haben, dass sie damit von anderen abgelehnt werden. Diese unterdrückte Wut äußert sich dann häufig in Trauer oder Angst oder einem anderen sekundären Stellverträtergefühl.
Diese Muster tragen wir durch unseren gesamten Alltag. Es beeinflusst all unsere Beziehungen. Die mit unserer Familie, Freunden und unseren Partnern, die Beziehungen bei der Arbeit und auch die Beziehung zu unserem Hund.

ABER: Die Gefühle zu unterdrücken und so zu tun, als wären sie nicht da, schafft euch zusätzliche Probleme und macht dich für deinen Hund nicht unbedingt zu einer vertrauenswürdigen Person, der er in schwierigen Momenten gern die Führung übergibt.

Echte Souveränität ist der Schlüssel und fängt damit an, dass man seinen eigenen Balast kennt.
Fake it till you make it, funktioniert bei Hunden nicht dauerhaft, denn sie spüren immer was in uns abgeht, auch wenn wir es gut verstecken wollen.

Meistens haben unsere starken Gefühle, die das Verhalten unserer Hunde in uns auslöst gar nicht wirklich was mit dem Verhalten des Hundes zu tun. Sie sind nur der Auslöseknopf für tiefer liegende Ängste und Mechanismen, die wir uns im Laufe des Lebens angeeignet haben.
Damit es hier nicht super theoretisch wird, lass uns in ein paar Beispiele eintauchen.

Bellende Alma und ich im Mehrfamilienhaus.

Als ich mit Alma noch in einem großen Mehrfamilienhaus im achten Stock wohnte, war sie sehr gestresst.
Sie konnte kaum zur Tür hinausgehen, ohne zu bellen. Im Hausflur, auf dem Weg nach draußen, nachts – jeder Ton hallte durch das ganze Haus und jedes Geräusch war für Alma nur schwer auszuhalten.

Und jeder dieser Momente war für mich ein Stressauslöser.

Ich war gereizt, genervt, ungeduldig – obwohl ich doch eigentlich ruhig bleiben wollte. Ich hatte im Kopf: Du darfst deinen Hund das nicht spüren lassen. Du musst souverän bleiben.
Aber ehrlich gesagt: Das war ich nicht. Nicht in diesen Momenten.
Und je mehr ich versuchte, es zu verstecken, desto schlimmer wurde es.
Denn Alma reagierte natürlich nicht auf mein Schauspiel – sondern auf mein echtes Innenleben.
Sie war laut, weil sie gestresst war. Ich war harsch, weil ich gestresst war. Das machte es für Alma noch schwieriger.

Es hat eine Weile gedauert, doch irgendwann erkannte ich: Mein Stress kam nicht daher, dass sie bellte – sondern daher, dass ich nicht wollte, dass andere das mitbekommen.
Ich wollte nicht auffallen. Nicht anecken. Ich war als Hundetrainerin bekannt – und mein Hund machte Krach.

Ach, sie sind das mit dem Dalmatiner…“, war einer der Sätze, die ich damals häufiger im Aufzug hörte. Und genau das, war das wovor ich Angst hatte. Die Bewertung der Menschen.

Das eigentliche Problem war nicht Alma – sondern mein Kopfkino:
„Was denken die Nachbarn?“
– „Ich bin doch Hundetrainerin – das darf nicht passieren.“
– „Was, wenn ich jemandem auf die Nerven gehe?“

Diese Einsicht war schmerzhaft – aber befreiend.
Denn ab da konnte ich ehrlich hinschauen: Mein Thema ist die Angst vor Bewertung. Nicht das Bellen.
Und erst, als ich das wirklich verstanden hatte und daran gearbeitet habe, konnte ich Alma in diesen Situationen helfen – weil ich nicht mehr gegen mich selbst kämpfen musste. Ich konnte wirklich ihr helfen. Mit ihrem Problem. Und war nicht mehr innerlich damit beschäftigt meine Angst zu managen und Alma dafür verantwortlich zu machen.

Frustrationstoleranz aufbauen, heißt mit Frust konfrontiert zu werden

Ein anderes Beispiel: Eine Kundin mit einem jungen Hund, der noch Schwierigkeiten mit Frustration hat.
Wenn Dinge nicht so laufen, wie er es will – etwa, weil er warten soll oder etwas nicht bekommt –, reagiert er mit Bellen und Jaulen.
Und die Kundin? Hat Angst. Nicht vor dem Hund selbst, sondern vor dem, was sie in seinem Verhalten sieht:
Aggression.
Für sie ist das ein rotes Tuch. Etwas, das nicht sein darf. Etwas, das sie aus ihrer Vergangenheit nur negativ kennt. Etwas, dass sie sich selbst niemals erlaubt.
Allein das Geräusch eines bellenden, frustrierten Hundes triggert sie zutiefst.

Der Hund zeigt also eine Emotion, die sie selbst in sich nicht fühlen will.
Und damit entsteht eine Reibung, die sich nicht allein mit dem Wunsch ruhig zu bleiben auflösen lässt.
Auch nicht mit dem Versuch ruhig und möglichst nach Lehrbuch einen solche Situation zu lösen und auf den Hund einzugehen, der gerade frustriert ist. Wenn ich doch selbst Panik kriege, weil ich Angst vor Aggression habe.

Sondern mit Hinschauen. Mit Verstehen. Mit Ehrlichkeit sich selbst gegenüber.

Denn unsere Hunde spiegeln uns nicht nur. Sie berühren unsere verletzlichen Punkte. Und die können wir nicht mit Kontrolle zähmen – nur mit Bewusstsein und echtem Kontakt.

Wie wir daran gearbeitet haben? Drei Punkte waren wichtig:

  1. Natürlich arbeiten wir einerseits mit dem Hund. Klar, auch der Hund brauchte Anleitung solche Momente zu bewältigen und das, ohne dauerhaft zu bellen und seinen Unmut so deutlich kundzutun. Der junge Hund befindet sich in einem Lernprozess Frust auszuhalten und damit umgehen zu lernen. Zu diesem Prozess gehört dazu, dass der Hund in Situationen kommt, in denen er frustriert ist und das dann auch äußert. Das ist Teil des Prozesses.
  2. Hier brauchte es dann vor allem die Erkenntnis (rein auf Verstandesebene), dass der Hund sich NICHT aggressiv verhält, sondern mit dem Bellen seinen Frust äußert. Und immer wieder den Abgleich: Wie sehen andere meinen Hund? (Wenn keiner außer mir Aggression darin erkennt, dann ist vielleicht was dran.)
  3. Erkennen, wenn man selbst gerade kein guter Begleiter für den Hund ist und entsprechende Maßnahmen ergreifen. (Situation abbrechen, Verantwortung abgeben, sich selbst eine kurze Pause gönnen,…)

Was also tun, wenn der Hund meine Trigger perfekt trifft?

Wenn du dich in diesen Beispielen wieder erkennst, fragst du dich vielleicht:
Was soll ich tun, wenn ich merke: Ich bin gerade echt sauer?
Oder nervös. Oder überfordert. Oder am Limit. Und ich will meinen Hund weder anschreien noch unfair behandeln.

Dann ist die Antwort NICHT: „Tu so, als wärst du ruhig.“

Sondern: „Handle erwachsen. Und ehrlich.“

In einzelnen Situationen – schlechte Tage und täglich grüßt das Murmeltier

Das heißt zum Beispiel:
Verlasse die Situation. Geh in einen anderen Raum, wenn es dir hilft.
Trenn dich kurz räumlich. Nicht als Strafe für den Hund, sondern als Schutz für euch beide.
Kümmere dich erstmal um dich selbst.

Wenn du draußen bist, der Hund ist an der Leine und du kannst die Situation nicht verlassen, dann heißt das manchmal:
Du hältst den Hund einfach nur fest. Du reagierst nicht auf ihn. Du atmest. Du spürst deine Füße auf dem Boden.
Du kommst bei dir an – und steigst erst wieder ein, wenn du dich innerlich sortiert hast.

Überlege dir:

  1. Kann ich gerade etwas an meinem Verhalten verändern, was meinem Hund hilft? Haben wir Tricks auf Lager, die auch hier helfen könnten? Kann ich die Situation leichter machen?
  2. Wenn wir diese Anpassungen vornehmen – können wir das dann gut schaffen?

Ist die Antwort ja: Los geht’s, zweiter Anlauf.
Ist die Antwort nein: Versuch nicht auf Biegen und Brechen irgendwas erreichen zu wollen. Wenn ihr in dem Augenblick überfordert seid, seid ihr überfordert. Dann beendet ihr diese Situation so schnell es geht.

Wichtig ist: Diese Haltung ist nicht Flucht, sondern Selbstverantwortung.
Sie schützt die Beziehung – statt sie mit verstecktem Groll oder Zwang zu belasten.

Wenn Alma aufgeregt ist und bellt und ich selbst gereizt bin, weil der Tag lang war – dann hilft es niemandem, wenn ich versuche, besonders geduldig zu sein, während es innerlich kocht.
Ich schaffe dann lieber kurz Abstand. Und komme erst wieder zu ihr, wenn ich stabil bin.

Denn ich kann meinem Hund nur helfen, wenn ich mir selbst helfen kann.

Und wenn das immer wieder passiert?

Dann ist es Zeit für ehrliche Selbstreflexion.

Fragen, die dich weiterbringen könnten:
– Warum macht mich genau dieses Verhalten meines Hundes so sauer?
– Wovor habe ich in diesen Situationen mit meinem Hund eigentlich Angst?
– Welche Bewertung durch andere belastet mich gerade?
– Welche Gefühle will ich mir selbst nicht eingestehen?
– Was hält mich davon ab WIRKLICH souverän zu sein?
– Was brauche ich, damit ich meinen Hund gut unterstützen kann?

Ein klassisches Beispiel: Der Rückruf funktioniert nicht – und du bist stinksauer.
Aber nicht immer, sondern nur, wenn andere es sehen. Oder wenn du Angst hattest, es könnte gefährlich werden.
Oder wenn du dich sowieso gerade nicht ernst genommen fühlst – vom Leben, vom Partner, vom Tag.

In all diesen Fällen ist das Verhalten des Hundes nur der Auslöser – nicht die Ursache.
Und genau das zu erkennen, ist der erste Schritt zu echter Veränderung.

Und darf ich meinem Hund zeigen, dass ich sauer bin?
Ja – wenn du bei dir  und fair bleibst.

Am Beispiel:
Dein Hund ignoriert deinen Rückruf – obwohl er es kann.
Du bist besorgt, weil es gefährlich hätte werden können. Und du bist ehrlich gesagt auch sauer, weil du dich nicht ernst genommen fühlst.

Jetzt sagen viele: „Wenn der Hund dann zurückkommt, musst du dich freuen – sonst verknüpft er das negativ.

Ich sehe das anders.
Wenn du innerlich kochst und äußerlich eine Party feierst, ist das kein Training – das ist Schauspiel.
Und dein Hund merkt das.

Stattdessen kannst du sagen: „Das war gerade echt nicht in Ordnung. Ich brauch kurz Abstand.“

Nicht als Bestrafung – sondern als klares, authentisches Signal. Und dieser Abstand darf auch emotional gemeint sein:
Du kannst den Hund  möglichst neutral anleinen, straffen Schrittes weitergehen, deiner kleinen Wut kurz Luft machen – ohne zu schimpfen, ohne zu diskutieren, einfach in Bewegung kommen und vor dich hin grummeln.
Und wenn sich dein Puls wieder beruhigt hat, darf die Situation aufgelöst werden:

Gib deinem Hund nochmal die Chance, auf ein freundliches Signal hin zu dir zu kommen – dann kannst du dich ehrlich freuen und ihn dafür loben. Und dann ist auch wieder gut.

Klare Kommunikation enthält Gefühle

Was wir von Hunden lernen dürfen: Bedingungslose Klarheit ohne nachtragend zu sein

Viele Hunde sind Meister darin ihre Emotionen in die Intensität ihrer Kommunikation fließen zu lassen. Immer so stark, wie es dem Moment angemessen ist.

Sie kommunizieren deutlich – mit Gefühl und Klarheit.
Wenn ein überdrehter Welpe einem älteren Hund zu sehr auf die Nerven geht, dann wird der nicht nur und dauerhaft höflich sagen: „Bitte hör auf damit, das tut mir weh.

Der Welpe kriegt erst ganz sanfte Signale für „Ey, das ist zu viel. Halt dich zurück.“, reagiert er nicht, wird das deutlicher und wenn der junge Hund partout ignoriert, was da an Informationen kommt, dann wird’s deutlich.
Der ältere Hund wird knurren, schnappen, ihn wegschicken. Deutlich, mit Energie und auch mal relativ zackig. Sobald der Welpe sich beruhigt hat, die Regeln akzeptiert und deutlich macht „Hab ich verstanden.“ – ist alles wieder gut.

Auch du darfst deinem Hund klar sagen: „Jetzt reicht’s.
Aber sobald er sich ändert, darf auch deine Energie wieder weich werden.
Das ist echte emotionale Flexibilität – und die ist erlernbar.

Wir Menschen trauen uns oft nicht, diese Klarheit zu vermitteln und in unserer Entscheidung auch deutlich zu werden (ich meine damit nur die Intensität unserer Energie, keinesfalls körperliche Maßnahmen gegenüber dem Hund). Dann bleiben wir immer grau und nie klar schwarz oder weiß, das hilft weder dem Hund hilft noch uns. Und wenn der Hund sich wieder völlig angemessen verhält, schaffen wir es häufig nicht schnell genug wieder umzuschalten, sondern sind nachtragend und schleppen diesen Gedanken “Mist, das hat schon wieder nicht geklappt, wird er es denn endlich lernen?“. So können unsere Hunde nur schwer feststellen, wann sie etwas richtig und wann sie etwas falsch machen.

Und was ist jetzt mit Stimmungsübertragung?

Vielleicht fragst du dich jetzt:
Aber heißt das nicht, dass ich mit meiner Nervosität meinen Hund verunsichere?

Ja – Stimmungsübertragung ist real. Natürlich spürt dein Hund deine Aufregung, deine Wut, deine Angst. Und ja, diese Stimmung beeinflusst ihn. Deshalb ist es wichtig, dass du lernst, mit deinen Emotionen umzugehen.

Aber Achtung: Das bedeutet nicht, dass du deine Gefühle deckeln oder verstecken sollst.
Es geht nicht darum, „ruhig zu tun“. Sondern darum, es wirklich zu sein.

Das ist kein Widerspruch – sondern eine Einladung zur Selbstfürsorge.
Wenn du nervös bist, kümmere dich um dich. Atme. Erkenne dein Gefühl. Nimm eine Pause. Geh raus. Mach, was dir hilft. Und erst dann geh wieder in die Situation.
Nicht, weil du dich „zusammenreißen musst“ – sondern weil du echt ruhig sein willst.
Für deinen Hund. Und für dich.

Und wenn du merkst: „Ich kann das gerade nicht. Ich bin zu angespannt“ – dann darfst du die Situation abbrechen. Nicht aus Schwäche. Sondern aus Klarheit.

Nimm dir Zeit dich dahin zu entwickeln, die für euch schwierigen Momente ruhig begleiten zu können. Du musst das nicht von jetzt auf gleich können. Es ist ein Prozess und der kann auch mal lange dauern.

Fazit: Dein Hund braucht dein echtes Ich, nicht deine Maske

Hunde brauchen Führung – aber keine Show.
Sie brauchen dein echtes Selbst, nicht dein funktionierendes.

Wenn du nervös bist – dann sei nervös. Und dann kümmere dich um dich.
Wenn du sauer bist – dann sei klar. Und dann finde deinen Weg zurück in die Verbindung.
Wenn du überfordert bist – dann hör auf zu kämpfen. Und finde einen neuen Rahmen.

Nicht der perfekt funktionierende Mensch ist die beste Unterstützung für deinen Hund.
Sondern der, der ehrlich mit sich ist – und daran wächst.

Du musst das nicht allein schaffen

Viele herausfordernde Hunde sind nicht nur ein Trainingsprojekt – sie sind ein Spiegel.
Ein Spiegel für unsere eigenen Grenzen, unsere Unsicherheiten, unsere verborgenen Gefühle. Und sie schenken uns damit etwas Wertvolles: Die Chance, über uns hinauszuwachsen.

Dabei gehört immer beides dazu – ihr seid ein Team. Du darfst lernen deine Gefühle zu managen und du bist gleichzeitig der Coach für deinen Hund, der ihm beibringt in der Menschenwelt mit adäquatem Verhalten klarzukommen.
Beide Seiten gehören dazu, nur wer an sich selbst UND am Hund arbeitet wird langfristig die großen Probleme lösen.

Aber das bedeutet nicht, dass du diesen Weg allein gehen musst.

Manchmal braucht es jemanden, der dich versteht. Der nicht nur deinen Hund sieht, sondern auch dich. Der dich nicht bewertet, sondern begleitet – mit Klarheit, Empathie und Erfahrung.
Das bin ich gerne für dich.

Ich weiß aus vielen Rückmeldungen und Rezensionen, dass meine Bücher oft genau diesen Prozess anstoßen und begleiten können. Auch meine Online-Kurse helfen dir dabei, dein Mensch-Hund-Team neu auszurichten – klarer, authentischer, entspannter.

Und wenn du tiefer eintauchen willst, persönlich begleitet werden möchtest und dir einen echten Sparringspartner an deiner Seite wünschst: Dann ist mein Einzelcoaching für dich da.

Im Kursfinder findest du in nur zwei Minuten heraus, welches meiner Angebote am besten zu euch passt.
Ich freue mich, wenn wir uns dort wiedersehen – oder im Coaching, Kurs oder Buch.

Denn du darfst mit deinem Hund wachsen.
Und dabei Unterstützung annehmen.