„Darum gilt „Viel Hilft Viel“ im Training mit deinem nervösen Hund nicht!

Wenn etwas nicht klappt, dann sollte man viel üben bis es klappt. So oder so ähnlich haben wir das alle schon gehört. Das würde bedeuten, wenn dein Hund in einer bestimmten Situation nicht ruhig bleiben kann, musst du einfach immer nur weitermachen bis es klappt. Leider klappt das oft nicht. Warum? Darum geht es in diesem Artikel. Und ich verrate dir natürlich auch, wie du stattdessen daran arbeiten kannst.

(Wenn du keine Lust hast zu lesen, oder zusätzlich gerne ein Video dazu sehen würdest – scrolle ganz nach unten, hier habe ich dir ein Video von meinem Facebook Livestream zu dem Thema eingefügt)

Tausend Gründe, warum ein Hund nicht lernen kann

Warum du beim Training von neuen Verhaltensweisen oder in für euch schwierigen Situationen keine Fortschritte machst, kann ganz verschiedene Gründe haben.

Vielleicht ist die Wahl des „Weges“ nicht optimal. Es gibt nicht umsonst viele verschiedene Trainingsmethoden. Nicht, weil der eine Trainer Recht hat und der andere nicht, sondern weil wir alle Individuen sind. Die Trainingsmethode muss also zu Mensch, Hund und deren persönlicher Situation passen.
Möglich ist auch, dass die Motivation des Hundes nicht stimmt oder die gut gemeinte Motivation den Hund eher abschreckt (z.B. den Kopf streicheln, wenn er das eigentlich gar nicht mag).
Vielleicht ist die Aufgabe zu schwierig für den Hund, weil ihr zu schwierig angefangen habt oder die Ablenkung für die Übungssituation zu hoch ist.

Auch wenn all diese Vorraussetzungen gegeben sind, kann es sein, dass ein nervöser Hund so gestresst ist von der Situation, dass er darin nicht lernen kann. Wird er dann dennoch immer wieder der Situation ausgesetzt, dann lernt er nichts, sondern der Stresspegel steigt noch mehr.

Wenn der „Arbeitsspeicher“ voll ist, dann ist Lernen nicht möglich.

Du kennst das sicher von dir selbst. Um etwas neues zu lernen, brauchst du einen freien Kopf. Je mehr Stress du hast und je mehr dein Hirn mit dem alltäglichen Wahnsinn beschäftigt ist, desto schwieriger wird es, neue Dinge zu verstehen. Auch die Gelassenheit nimmt ab, wenn zu viel los ist in deinem Kopf. Deinem Hund geht es dabei nicht anders.

Was meine ich also mit „Der Arbeitsspeicher des Hundes ist voll“? Ich bediene mich hier eines Begriffs aus der Technik. Der Arbeitsspeicher eines Computers ist – grob gesagt – dazu da, die aktuell laufenden Prozesse zu verarbeiten. Für das Hirn sind das also all die Dinge, die uns oder unseren Hund aktuell beschäftigen.
Einige Dinge werden sofort nach der Bearbeitung wieder gelöscht, andere werden direkt abgeheftet und viele bleiben erstmal im „Arbeitsspeicher“ bis ausreichend Ruhe (Schlaf) da ist, um sie zu bewerten und an die richtige Stelle zu sortieren.

Wenn dein Hund im Alltag schon (für seine eigenen Bedingungen) zu viel Stress hat, dann ist der Arbeitsspeicher schon allein mit der Bewältigung des Alltags ziemlich voll. (Warum Stress deinen Hund krank macht, liest du hier) Es ist also nicht mehr genug Energie da, um sich dem Training von besonders schwierigen Situationen zu widmen.

Oder du hast dir vorgenommen, nun endlich eine bestimmte, für euch stressige Situation zu trainieren, damit endlich Entspannung eintritt. Dann nimmst du dir ein Wochenende vor und gehst mit deinem Hund immer und immer wieder in diese Situation und übst und probierst alles aus.
Was passiert? Sehr wahrscheinlich wird nicht der gewünschte Effekt, sondern das Gegenteil eintreten. Mit jedem Mal üben wird der Arbeitsspeicher voller und voller und irgendwann ist schlichtweg kein Platz mehr für „noch mehr Input“.

Finde die Ursache und beginne erneut mit dem Training

Keine Sorge, der Abschnitt vorher sollte dir nicht sagen, dass ein Training solcher Situationen nicht möglich ist. Hier ist ein Umdenken notwendig. Wichtig ist, nicht nur diese eine spezielle Situation zu trainieren, sondern das allgemeine Stresslevel deines Hundes niedrig zu halten und auch einschätzen zu können.

Ist dein Hund in verschiedenen Situationen immer wieder nervös und zappelig, wirst du es schwer haben, wenn du speziell diese Situationen üben willst. Vielmehr geht es darum, den Alltag zunächst soweit zu entspannen, dass der Hund grundsätzlich wieder freien Spielraum in seinem „Arbeitsspeicher“ hat.
Wenn du Tipps brauchst, wie du deinen Hund im Alltag entspannen kannst, dann trag dich einfach direkt mit deiner Mail-Adresse ein (ganz unten im Artikel hast du die Möglichkeit dazu). Ich schicke dir dann direkt das Dokument zu.

Erst wenn etwas grundsätzliche Ruhe im Alltag eingekehrt ist, macht es Sinn, wieder mit dem eigentlichen Training zu beginnen. Wahrscheinlich stellst du dann auch fest, dass dein Hund entspannter mit seinem „Aufreger“ umgehen kann, da er generell entspannter ist.

Anschließend empfehle ich dir, herauszufinden, was genau bestimmte Situationen für deinen Hund schwierig machen. Sind es Hundebegegnungen an der Leine? Laute Geräusche?, oder tritt die Anspannung nur dann auf, wenn ihr im Wald seid? All das hilft dir, um gezielt diese Dinge zu üben. Wenn du weißt, welche Einzelheiten deinem Hund Angst machen oder ihn aufregen, dann kannst du genau daran arbeiten. Und immer wieder einschätzen, wie schwierig die Trainingssituation für deinen Hund ist.

Dann fang mit kurzen Zeitintervallen und – bei Bedarf – großem Abstand zum Auslöser an. Gestalte die Situation so, dass dein Hund noch ruhig bleiben kann. Klappt das gut, mach eine Pause und steigere erst dann die Schwierigkeit; also lass ihn die Situation etwas länger erleben oder gehe näher heran.