Der Schlaf sei das täglich Brot deiner Seele (C.L. Schleich)
Darüber liest du in diesem Blogartikel: Verbergen
Artikel zwei in der Serie hyperaktive Hunde. Weitere Artikel dieser Reihe hier.
Hunde haben ein hohes Ruhebedürfnis, weil sie Energiesparer sind.
Fragt man sich, wie viel Schlaf und Ruhe ein Hund benötigt, fängt man am besten in der Geschichte der Hunde an zu suchen. Seit Jahrtausenden züchten wir Hunde und formen sie so, wie sie uns Menschen optimal erscheinen. Biologisch gesehen bleiben sie dennoch immer in der Gruppe der Landraubtieren. Orientieren wir uns am Alltag eines freilebenden Hundes, wird sehr schnell deutlich, wie hoch das Schlafbedürfnis dessen wirklich ist.
Wenn Hunde sich in freier Natur selbst ernähren müssen, können sie das nur überleben, indem sie auf die Jagd gehen. Jagd umfasst hier alle Handlungen, die mit der Nahrungsbeschaffung einhergehen. Alle diese Handlungen – sei es nun das Ausräumen einer Mülltonne oder das Erjagen eines Hasen – kosten Energie. Und zwar jede Menge Energie. Um seine Ressourcen möglichst gut einzusetzen, ist der Hund angehalten, möglichst wenig Zeit mit der Jagd und mit anderen Handlungen, die viel Energie kosten, zu verschwenden. Würde er das nicht tun, müsste er mehr jagen und würde dadurch mehr Energie verbrauchen, usw… Dazu kommt, dass natürlich auch das Nahrungsangebot nicht unbegrenzt zur Verfügung steht. Also ist es klug, möglichst wenig Energie zu verbrauchen, um möglichst wenig erjagen zu müssen.
Auch die Art, wie Hunde (wissenschaftlich gesehen) schlafen, beeinflusst die Dauer des Schlafes.
Wir Menschen verbringen im Schlaf ca. 20-25% der Zeit in sogenannten REM (Rapide Eye Movement) Phasen. Diese Phasen sind bedeutend für den Traumschlaf: Hier werden Dinge aus dem Alltag verarbeitet. Der Tiefschlaf beim Menschen nimmt auch nochmal etwa 20% der Schlafzeit ein. Tiefschlaf ist besonders wichtig für die Erholung und Regeneration des Körpers. Beide Phasen zusammen machen also beim Menschen bis zu 45% des Schlafes aus.
Beim Hund sind dies nur ca. 20-30%. Das bedeutet, der Schlaf des Hundes ist vergleichsmäßig weniger erholsam als der des Menschen, folglich muss der Hund mehr schlafen, um die gleiche Erholung zu erhalten.
REM-Phasen beim Hund kennt übrigens jeder Hundehalter. Das sind die lustigen Situationen, wenn unsere Hunde im Schlaf rennen oder bellen und die Augen ganz schnell hin und her wackeln 🙂
Wie lange schläft er denn nun, der Hund?
Kommen wir zu den Fakten: Ein ausgewachsener Hund ruht optimalerweise zwischen 18-20h am Tag. Ein Welp sowie ein alter oder kranker Hund kann sogar noch mehr schlafen. Das klingt im ersten Moment viel, wenn man aber den vorherigen Absatz berücksichtigt, relativiert sich das wieder. Diese 20h sind natürlich keine kompletten Schlafphasen, sondern darin einbezogen ist auch das Dösen im Körbchen, während wir Menschen einen spannenden Primetime Film anschauen.
Das Schlafbedürfnis des Hundes – Tagesablauf
Rechnen wir mal rückwärts: Wenn ein Hund 18-20h schläft, dann bleiben noch 4-6h für jagen, fressen, das Revier checken, Spiel und Spaß.Das ist nicht besonders viel. An ruhigen Tagen wäre mit 2h Spazierengehen (über den Tag verteilt), fressen, ein bisschen spielen und Clickertraining zu Hause das Pensum schon voll.
Bedenken muss man, dass in unserem menschlichen Alltag selten so viel Ruhe einkehrt, dass zwischendurch wirklich so viele Ruhepausen für den Hund möglich sind. Gerade in einer Familie herrscht oft ein ständiges Kommen und Gehen, was dem Hund (wenn er es nicht gelernt hat) immer wieder zum Wachbleiben animiert. So kommt es ganz schnell dazu, dass der Hund zu wenig schläft. Denn wer von uns hat einen Hund, der von sich aus „die Tür hinter sich schließt“ und uns ein „Mir wird es zu viel, ich gehe mal schlafen“ zuruft?! An diejenigen, die so einen Hund haben, der ohne Entspannungstraining so handelt… Ihr Glücklichen!
Zum natürlichen Tagesablauf des Hundes liest du hier mehr: Wie Hunde den Tag verbringen, wenn Menschen sie nicht stören.
Hunde, die „viel beschäftigt werden müssen“?!
Ich spreche hier sehr allgemein vom Hund- und einige werden sich fragen, was es dann auf sich hat mit den Rassen, die „viel beschäftigt“ werden müssen.
Da ist was dran – aber nicht dauerhaft. Schauen wir uns die Windhunde an – eigenständige Jäger der allerersten Stunde. Gezüchtet um Wild zu hetzen und zu erlegen, so viel Energie braucht doch ein Ventil? Richtig! Aber zum Ersten sind Windhunde Sprinter, das heißt für kurze Zeit auf Hochgeschwindigkeit ausgelegt und nicht für einen Dauerlauf. Zum Zweiten gibt es auch für die Jagd mit Windhunden eine Saison, die ungefähr zwei Monate lang ist. Den Rest des Jahres verbringen die Hunde mit Nichtstun, herumliegen, fressen und darauf hoffen, dass der Jäger genügend Zeit für sie findet, um sich ein paar Minuten am Tag mit ihnen zu beschäftigen.
Das lässt sich auf viele Jagdhunderassen übertragen, die in dem Ruf stehen, „schwer auszulasten“ zu sein.
Ein bekannter Trainer für Hütehunde, wie beispielsweise Bordercollies, vertritt die Ansicht, ein Hund müsste in den ersten beiden Lebensjahren zunächst lernen, „Ruhe zu halten“ und erst wenn er das gelernt hat, kann man über das Training nachdenken.
Warum die allseits beliebte Überbeschäftigung und das Auspowern des Hundes nicht zu mehr Entspannung führt, habe ich hier zusammengefasst:
3 Gründe, warum „Auspowern“ deinen hibbeligen Hund nicht ruhiger werden lässt.
Folgen von Schlafmangel
Die Folgen von Schlafmangel kennen wir alle von uns selbst. Wir werden unkonzentriert, reizbar und fühlen uns nicht wohl. Genauso geht es unseren Hunden. Wir als Erwachsene wissen das und werden so darauf achten, uns nicht zu oft einer solchen Übermüdung auszusetzen.
Der Hund, der nur in engen Grenzen selbst über seinen Tagesablauf entscheiden kann, ist darauf angewiesen, dass wir dieses Zeitkontingent für ihn verwalten. Jeder von uns kennt den Satz „Ich bin noch nicht müde!“ aus dem Mund eines übermüdeten Kindes. Genauso wie für unsere Kinder, müssen wir auch auf das Schlafbedürfnis des Hundes Rücksicht nehmen und es ihm möglich machen zu ruhen.
Für Welpen ist der Schlaf noch deutlich wichtiger. Im Schlaf werden Erlebnisse des Tages verarbeitet und im Gehirn einsortiert. Leider schreiben die meisten Welpenbücher zwar, dass man den Welpen unbedingt an alle möglichen Situationen gewöhnen muss, aber nicht, dass er auch die Zeit braucht, um sie entsprechend zu verarbeiten. Häufig führt das dazu, dass die Welpen durch Schlafmangel völlig gestresst und übermüdet sind und so gar nicht in der Lage sind, ihre Lernerfahrungen im Gehirn zu speichern.
Natürlich wird nicht sofort bloß von einmal zu wenig schlafen sofort ein gestresster Hund vor uns sitzen. Wird es allerdings zum Dauerzustand, dass wird das Schlafbedürfnis des Hundes ignorieren, dreht sich die Stressspirale. Die gute Nachricht ist: Jeder Hund kann Entspannung lernen. Wie man ihm das beibringen kann und wie Stress allgemein entsteht, erläutere ich im nächsten Artikel in der Serie „hyperaktive Hunde“.
Fotos von: Art is Passion – Photodesign by Silvia Höld